Abschnitt 162

Seit vielen Monaten habe ich mit einer anhaltenden Überzeugung gerungen, dass Gott die Kirche auffordert, ein klareres Verständnis darüber zu entwickeln, was es bedeutet, ein prophetisches Volk zu sein. Wie niemals zuvor habe ich gespürt, dass wir auf einer einzigartigen Weise dazu berufen sind, treue Zeugen Jesu Christi zu sein und von neuem die Prinzipien der Wiederherstellung in unserer Zeit geltend zu machen. Diese Gedanken haben mich verfolgt, zum Teil vielleicht, weil ich mich dagegen gesträubt habe sie auszudrücken, da ich mir meiner eigenen Sündhaftigkeit und persönlichen Unzulänglichkeiten schmerzlich bewusst bin. Trotzdem lastete die Dringlichkeit auf mir, bis ich eines Nachts unruhig wurde und nicht den nötigen Schlaf fand. Schließlich stand ich auf, und in der Stille der Nacht versuchte ich zu erfassen, was in meinem Herzen geschrieben stand.

Die Worte kamen nicht wie diktiert, sondern entsprangen meiner eigenen Begegnung mit dem Geist, der schon viele Monate lang in mir gearbeitet hatte. Ich schrieb, und in den folgenden Tagen dachte ich über die Worte nach und formulierte sie hier und da um, als ich mehr Klarheit erhielt. Selbst jetzt, wo ich sie der Kirche vorlege, fühle ich, dass es noch mehr zu sagen gibt. Aber derselbe Geist, der mich angeleitet hat, diese Worte aufzuschreiben, drängt mich, die Kirche zu der Aufgabe einzuladen, Gottes Willen für uns zu erkennen. Ich bin mir noch nicht sicher, auf welche Art und Weise das geschehen wird, aber ich glaube, dass es unser nächster Schritt in dem Prozess ist, ein prophetisches Volk zu werden.

An die Ratsversammlungen, Kollegien und Körperschaften, an die Weltkonferenz und an die Kirche:

1

A. Höre, oh Volk der Wiederherstellung – ihr, die ihr ein prophetisches Volk werden sollt und in eurem Leben zusammen die Dienste des Tempels verkörpert. Hört auf die Stimme, die von jenseits der entferntesten Berge, von der Unendlichkeit des Himmels über uns und der Weite des Meeres unter uns spricht.

B. Hört auf die Stimme, die durch die Äonen der Zeit klingt und doch in diesem Moment von neuem spricht. Hört auf die Stimme, denn sie kann nicht zum Schweigen gebracht werden und sie ruft euch noch einmal zu dem großen und wunderbaren Werk auf, das friedliche Königreich, Zion selbst zu errichten, im Namen des Einen, auf den ihr euch beruft.

2

A. Hört sorgfältig auf eure Reise als ein Volk, denn es ist eine heilige Reise und sie hat euch viele Dinge gelehrt, die ihr für die Reise, die noch vor euch liegt, wissen müsst.

B. Hört auf ihre Lehren und entdeckt von neuem ihre Prinzipien. Sehnt euch nicht nach vergangenen Zeiten, sondern erkennt, dass euch die Grundlage des treuen Dienstes gegeben wurde, auch wenn ihr jetzt eine Grundlage für die Zukunft schafft.

C. Als ein prophetisches Volk seid ihr berufen, unter der Leitung der geistlichen Autoritäten und mit der allgemeinen Zustimmung des Volkes den göttlichen Willen für eure eigene Zeit und die Orte, an denen ihr dient, zu erkennen. Ihr lebt in einer Welt mit neuen Herausforderungen und diese Welt wird neue Formen des Dienstes erfordern. Das Priestertum muss besonders auf diese Herausforderung eingehen. Die Kirche wird ermahnt, im Gebet zu überdenken, auf welche Weise Berufungen und Begabungen in der Gemeinschaft Christi in einer neuen Zeit am besten Ausdruck finden.

D. Es wurde euch bereits gesagt, dass ihr auf die Sakramente achten sollt, um das geistliche Leben des Körpers zu bereichern. Es ist nicht die Form des Sakraments, die Gnade spendet, sondern es ist die göttliche Gegenwart, die Leben schenkt. Achtet die Tradition und seid sensibel im Umgang miteinander, aber seid nicht übermäßig durch Auslegungen und Verfahrensweisen gebunden, die nicht mehr den Bedürfnissen einer weltweiten Kirche entsprechen. In diesen Dingen wird Führung von denjenigen kommen, die berufen sind zu leiten.

E. Lasst euch noch einmal daran erinnern, dass diese Gemeinschaft durch göttliche Leitung ins Leben gerufen wurde. Der Geist der Wiederherstellung ist nicht auf einen Zeitpunkt beschränkt, sondern ist stattdessen ein Aufruf an jede Generation, die wesentlichen Wahrheiten in ihrer eigenen Sprache und Form zu bezeugen. Lasst den Geist atmen.

3

A. Seid nicht entmutigt. Es wurde euch kein einfacher Weg versprochen, aber es wurde euch versichert, dass der Geist, der euch aufruft, auch bei euch sein wird.

B. Dieser Geist berührt selbst jetzt auf lebendige Weise die Seelen derjenigen, die die Begeisterung der Nachfolge tief in sich brennen fühlen. Viele andere werden antworten, wenn ihr beharrlich seid in eurem Zeugnis und eifrig in eurem Dienst in der Welt.

4

A. Hört den vielen Zeugnissen der Menschen überall in der Welt aufmerksam zu, die in die Gemeinschaft der Kirche geführt worden sind. Die Reichhaltigkeit der Kulturen, die Poesie der Sprache und die Größe menschlicher Erfahrung gestatten, das Evangelium mit neuen Augen zu sehen und mit frischem Geist zu begreifen. Diese Gabe wurde euch gegeben. Versäumt es nicht, ihre Kraft zu verstehen.

B. Gerade für die göttlichen Absichten wurden euch sowohl die Mühen als auch die Freuden der Vielfalt gegeben. So muss es immer im friedlichen Königreich sein.

5

A. Lasst euch nicht durch die Dinge bestimmen, die euch trennen, sondern durch die Dinge, die euch in Jesus Christus vereinen.

B. Immer wieder wurde euch der Rat gegeben, euch zu versöhnen und nach der Einheit zu trachten, die erforderlich ist für den Aufbau des Königreiches. Der Geist rät der Kirche erneut, den Kräften der Teilung nicht zu erlauben, euch von eurem Zeugnis abzubringen.

C. Hört einander zu, ohne Urteil oder Voreingenommenheit. Ihr könnt nicht voraussetzen, dass die Antworten auf Konflikte schon gefunden sind. Es gibt noch viel zu tun. Sprecht auf liebevolle Weise miteinander und der Geist der Wahrheit wird sich behaupten.

6

A. Von Anfang an wurde euch ein heiliges Prinzip gegeben, das den unschätzbaren Wert aller Menschen verkündet. Vergesst das nicht.

B. Der Eine, der die gesamte Menschheit erschuf, ist betrübt über die schändliche Teilung der Familie der Menschen. Ein prophetisches Volk muss unermüdlich daran arbeiten, Mauern der Teilung niederzureißen und Brücken der Verständigung aufzubauen.

C. Ihr haltet kostbare Menschenleben in euren Händen. Seid gütig und barmherzig miteinander. Eine Gemeinschaft ist nicht stärker als ihr schwächstes Glied. So wie der Eine, dem ihr nachfolgt, seine Hand den Menschen reichte, die abgelehnt und ausgegrenzt wurden, so muss dies auch die Gemeinschaft tun, die seinen Namen trägt.

7

A. Es gibt viele Menschenleben, die darauf warten, die erlösenden Worte des Evangeliums zu hören oder durch die Hände liebevoller Diener von ihrer Hoffnungslosigkeit erhoben zu werden. Aber sie werden euch verloren gehen, wenn die Nachfolger nicht eine großzügige Erwiderung aus ihrem Überfluss teilen, damit andere die Freuden des Königreiches erfahren.

B. Viele sind beängstigt und glauben, ihre Sicherheit in der Anhäufung von Besitz zu finden. Die Antworten, die ihr sucht, sind nicht in den Dingen dieser Welt innewohnend, sondern in einem Glauben, der auf die Verheißungen vertraut, die allen Nachfolgern Jesu Christi gegeben wurden.

C. Euch wurden die Prinzipien der Großzügigkeit gegeben, die richtig für eine neue Zeit ausgelegt sind. Diese Prinzipien fordern jeden Nachfolger dazu auf, treu seinen Zehnten nach seinen Verhältnissen und Möglichkeiten zu geben. Diese Werte, die tief im Glauben der Wiederherstellung verwurzelt sind bestätigen, dass Verwalterschaft und Nachfolge nicht getrennt werden können und voneinander abhängig sind.

D. Der Aufruf zur Erwiderung ist dringend. Schaut auf die Bedürfnisse eurer eigenen Gemeinden, aber schaut auch über eure Mauern hinweg zu den weit entfernten Orten, wohin die Kirche gehen muss. Jeder Nachfolger braucht eine geistliche Heimat. Ihr seid berufen, diese Heimat aufzubauen und für sie zu sorgen, aber ihr seid auch berufen, euch ebenso an den Diensten der Kirche zu beteiligen, die neue Menschen erreichen. Auf diese Weise kann das Evangelium auch andere Seelen erreichen, die sich nach einer geistlichen Ruhestätte sehnen.

8

A. Ihr seid ein gutes und treues Volk, aber manchmal erkennt ihr nicht die Kraft, die sich in eurer eigenen Geschichte und Gemeinschaft befindet. Schaut genau hin, hört aufmerksam zu und nehmt den Geist unter euch wahr.

B. Macht euch nicht unnötig Sorgen um Zahlen. Gebt ein leidenschaftliches Zeugnis, übt eure Nachfolge mit Begeisterung aus und seid tatkräftig in eurer Arbeit für den Frieden und die Gerechtigkeit. Wo zwei oder drei solcher Nachfolger eine Gemeinschaft bilden, wird der Geist mitten unter ihnen sein. Viele werden kommen, um dieses zu sehen.

C. Setzt eure Reise fort, oh Volk der Wiederherstellung. Ihr seid bis jetzt gesegnet worden, aber es gibt noch so viel zu sehen und so viel zu tun. Geht fort im Vertrauen und lebt prophetisch als ein Volk, das geliebt wird und jetzt die mutige Entscheidung trifft, andere zu lieben, im Namen des Einen, dem ihr dient. Amen.

W. Grant McMurray
Präsident der Kirche

Independence, Missouri

29. März 2004